Ein allzu grosser Zufall war es ja nicht, als ich am letzten Sonntagabend um 19:00 Uhr auf der Rückfahrt von L. im Zug zwei junge Mädchen wiedersah, die schon um 13:00 Uhr auf der Hinfahrt in die Stadt denselben Zug genommen hatten wie ich.
Schon eher ein Zufall war es, als ich am selben Tag um 17:30 Uhr am Central in Zürich eine dunkelhaarige Frau aus einem Tram steigen und mich einen Moment lang verdutzt anschauen sah, die schon um 14:00 Uhr am Bahnhofquai neben mir aufs Tram gewartet hatte.
Und erst recht ein Zufall war es, als ich am selben Abend zu Hause auf meinen Videoaufnahmen des Tages (ich hatte in Z. eine neue Kamera ausprobiert) zwei Personen zu erkennen glaubte, von denen ich ziemlich sicher war oder mir einbildete, dass sie mir in der grossen Stadt unabhängig voneinander schon vor mehreren Jahren vor die Linse gekommen waren.
In solchen Situationen habe ich manchmal das Gefühl, dass das ganze Leben um mich herum extra für mich inszeniert ist: dass in dem Stück, das sich "Damians Leben" nennt, ein Regisseur einen Haufen gelangweilter Statisten mit dem Megafon aufscheucht ("Achtung, er kommt!"), bevor ich um die Ecke biege, dass dann alle eine Show abziehen, solange ich in der Szene bin, und dass die Statisten erleichtert zusammensinken, wenn ich wieder von der Bildfläche verschwunden bin.
Und dass der Regisseur manchmal nachher zu einem Statisten sagt: "Scheisse, ich glaube, er hat dich erkannt und hat bemerkt, dass du vor vier Stunden schon in der anderen Szene drin warst. In einer perfekt anonymen und beliebigen Welt gibt es das nicht, wir brauchen unbedingt noch mehr Statisten, damit so etwas nicht nochmal vorkommt."