„Was unsere Jugend jetzt braucht, sind nobelpreistaugliche Themen. Wie wär’s damit: Das Verschwinden der menschlichen Intelligenz seit Erfindung der Digitalkamera? (…) Fotografiert wird alles plus X. Schneehasen, Brückenpfeiler, Parkuhren, Ahornsirup, Speisereste, Eiswürfel – um nur die nachvollziehbarsten Motive zu nennen. Das Motiv ‚aus fahrendem Bus gegen untergehende Sonne’ wird geknipst, ohne hinzugucken. Locker aus der Hüfte. Erst mal draufhalten, später könnte es einem Leid tun. (…) Zwar fragt man sich manchmal: Kinder, will das alles denn auch jemand sehen? Für den Pixelpöbel scheint sich diese Frage jedoch gar nicht zu stellen. (…) So viele Überwachungskameras kann der Staat gar nicht aufstellen, dass er die freiwillige Selbstbepixelung noch übertreffen könnte. Ich pixel, also bin ich vielleicht.“
(Harald Schmidt: Mulatten in gelben Sesseln. Die Tagebücher 1945-52 und die Focus-Kolumnen, Köln 2005, S. 179 und S. 175)