Am Nationalfeiertag nach dem Mittag spontaner Entschluss, nach Bern zu fahren und von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, das Bundeshaus zu besichtigen. Das hatte ich schon als Kind zweimal getan. Wenn ich gewusst hätte, dass inzwischen Metalldetektoren installiert worden sind, wäre ich vielleicht auch in Sandalen oder Flip-Flops gekommen wie viele andere Besucher, und nicht mit meinen Caterpillar-Boots. So kam ich in den Genuss einer sicherheitsmässigen Sonderbehandlung und wurde mit dem lauten Ruf "Stahlkappenschuhe! Stahlkappenschuhe!" von einem Beamten zum nächsten weitergereicht, bis ich bei einer freundlichen Frau landete, vor der ich dann einen Schuh ausziehen musste, während meine Fotoausrüstung und mein Portemonnaie geröntgt wurden. Es war wie am Flughafen, nur dass einem hier der Beamte am Eingang einen Gutschein für eine Gratis-Tafel Schokolade in die Hand drückte.
Anschliessend Besichtigung der beiden Ratssäle. Bei den Besucherinnen und Besuchern - darunter auffällig viele Ausländer - stiess auch das Sitzungszimmer des Bundesrates auf grosses Interesse. Hier also werden geheimste Staatssachen diskutiert, dachte ich. Weniger gut schien aber die Ausstattung des Zimmers mit Stofftapeten, dicken roten Vorhängen und einem Kronleuchter anzukommen. "Dafür bezahlen wir also?!", sagte eine Frau neben mir, und ein amerikanischer Tourist raunte seiner Begleiterin zu: "Das sieht ja aus wie das Schlafzimmer einer französischen Hure."
Nachdem schon lange keine Besucher mehr hereingelassen wurden und die meisten bereits wieder gegangen waren, löste ich gegen 17 Uhr bei einem Trachtenmädchen in der Eingangshalle noch meinen Schoggi-Gutschein ein ("Wollen Sie noch eine Tafel aussuchen, bevor wir zusammenräumen?", sagte sie etwas gereizt) und ging dann als einer der letzten Besucher ebenfalls hinaus.