IKEA Dietlikon

Luzern ist eine der schönsten Städte der Schweiz, aber in Sachen Shopping lässt sie doch einiges zu wünschen übrig. Die Ladenöffnungszeiten sind im Vergleich mit anderen Regionen mittelalterlich (am Samstag müssen die Geschäfte um 16 Uhr schliessen), und eine seit mehr als fünf Jahren geplante IKEA-Filiale in der Agglomeration konnte wegen des Widerstands einer unheiligen Allianz aus verbohrten Umweltschützern und behäbigen, wettbewerbsscheuen Kleingewerblern bis heute noch nicht gebaut werden ("Für mich als Möbelschreiner ist Ikea eine Konkurrenz", meinte W.K., Inhaber eines Schreinergeschäfts und SP-Mitglied, in der Neuen Luzerner Zeitung vom 20.06.2006).

Mitten am Samstagnachmittag, als sich das hiesige Ladenpersonal schon darauf vorbereitete, die Kunden vorschriftsgemäss nach Hause zu scheuchen, setzte ich mich in den Zug und fuhr nach Dietlikon bei Zürich, wo alles anders ist. Da befinden sich Filialen von Media Markt und Conrad Electronic unmittelbar nebeneinander (nicht in unterschiedlichen Vororten wie in Luzern, sodass jedesmal ein halber Tag draufgeht, wenn man beide besuchen will), es gibt einen IKEA, und vor allem sind die Läden am Samstag bis 20 Uhr offen.

Ich kam mir vor wie im Paradies. Zwar sind die Ladenflächen von Media Markt und Conrad aufgrund der Gebäudearchitektur ein wenig unübersichtlicher als in Kriens und Emmenbrücke (Conrad wohl auch ein bisschen kleiner als bei uns), und die Warenpräsentation machte hier und da einen etwas unordentlichen, an ALDI erinnernden Eindruck. Aber Artikel wie z.B. einen Filteradapter für meine Videokamera, den ich in Luzern und auch in der Stadt Zürich bisher erfolglos gesucht hatte ("Wir müssten das bestellen", sagten die Verkäufer jeweils mit einer Miene, die ausdrückte, dass sie das nicht tun möchten) - solche ausgefallenen Artikel also hingen da wie selbstverständlich im Regal.

Das Personal in Dietlikon war freundlich und zu Spässen aufgelegt. Wenn das nächste Mal ein biederer Bedenkenträger in den Medien behauptet, lange Öffnungszeiten seien eine unzumutbare Belastung für die Beteiligten, werde ich das nicht mehr glauben. Aber da ich selber in einer Institution arbeite, die an 365 Tagen pro Jahr für das Publikum geöffnet ist, weiss ich das eigentlich sowieso schon lange aus erster Hand.

IKEA kannte ich bisher nur als Online-Kunde (siehe hier, hier, hier und hier), deshalb war ich besonders gespannt auf meinen ersten Besuch in einer Filiale. Der schier endlose Korridor, der sich über mehrere Stockwerke durch die grosszügige Möbellandschaft zieht, gefiel mir dann tatsächlich so gut, dass ich es fast eineinhalb Stunden dort aushielt. Als Bahnreisender konnte ich natürlich keine grösseren Sachen kaufen und nach Hause nehmen, aber ich habe die Möbel gefunden, die ich gesucht habe, und werde sie demnächst online bestellen und mir liefern lassen.

Der spätnachmittägliche und abendliche Shoppingausflug in die Zürcher Agglo hat sich also auf jeden Fall gelohnt. Die grossstädtischen Ladenöffnungszeiten entsprechen viel eher meinem Lebensrhythmus als ein provinzieller und weltfremder Ladenschluss am Samstag um 16 Uhr. Sicher werde ich bald wieder mal nach Dietlikon fahren und empfehle das auch anderen Luzernern und Luzernerinnen. Zwar schade ich damit der Wirtschaft des eigenen Kantons, aber deshalb habe ich kein schlechtes Gewissen. Im Gegenteil: Da die einheimischen Bünzlis von links und rechts, die einem den Samstagabendverkauf nicht gönnen, gegen das shoppingmässige Fremdgehen völlig machtlos sind, macht es umso mehr Spass. Ätsch.