Unterwegs
2008-01-03_Fussballtrainer

Rückfahrt von einigen sehr schönen Tagen im Engadin mit dem Zug, ausnahmsweise in der ersten Klasse. In St. Moritz hatte ich keinen Promi gesehen (oder jedenfalls keinen erkannt, ich kenne mich nicht so gut aus mit der italienischen und der russischen Schickeria).

Dafür sass jetzt einer im Nebenabteil: ein sehr bekannter deutscher Fussballtrainer mit seiner Frau. Die beiden haben tonnenweise Zeitungen und Illustrierte bei sich, er verschlingt gierig jeden Artikel über seinen Kollegen Ottmar Hitzfeld, der bei Bayern München aufhört und möglicherweise Schweizer Nationaltrainer wird. Minutenlang liest der Trainer seiner Frau aus der "Süddeutschen Zeitung" vor.

In Thusis steigen die beiden aus. "Müssen wir das alles mitnehmen?", sagt der Trainer und deutet auf den Stapel mit den durchgeackerten Zeitungen. "Nein nein", sagt seine Frau.

Sie lassen die Zeitungen liegen und verlassen den Wagen. "Kann man vielleicht die Tür schliessen?", ruft ihnen eine Mitreisende nach und fügt gleich resigniert hinzu: "Nein, kann man offenbar nicht." Ein anderer Fahrgast steht auf und schliesst die Abteiltür hinter den beiden.

Beim Aussteigen in Chur greife ich mir das Altpapier des Fussballtrainers und nehme es mit.


2008-01-02_Supercard

Gibt es bei der Coop-Supercard auch Datenverluste? Oder ist der Magnetstreifen noch lesbar, nachdem die Karte zum Bestreichen von Brot mit Philadelphia-Frischkäse verwendet und anschliessend sauber geleckt worden ist?

Heute Nachmittag im Zug von Luzern nach Zürich:

Mann: Was wollen wir machen in Zürich? Wir haben City-Tickets, wir können in der ganzen Stadt herumdüsen.

Kind: Können wir deine Kollegin besuchen?

Mann: Ich darf keinen Kaffee mehr trinken gehen mit ihr, sonst habe ich ein Messer im Bauch, hat sie gesagt. Wegen ihrem Freund.

Kind: Hat sie einen Albanerfreund?

Mann: Ja, irgend so etwas.

Drei Minuten später – inzwischen war von anderen Dingen die Rede – greift das Kind das Thema wieder auf.

Kind: Also wenn sie sagt, dass du vielleicht ein Messer in den Bauch bekommst, dann kannst du ihr ja sagen, dass du noch andere Kolleginnen und Kollegen hast und lieber mit denen zusammen bist, oder?

Mann: Ja, schon.

00 Luzern

Selbst in der kleinräumigen Schweiz ist es möglich, achteinhalb Stunden mit dem Zug unterwegs zu sein, ohne zweimal denselben Bahnhof zu durchfahren und ohne mehr als zweimal den Zug zu wechseln. Zum Beispiel, wenn man von Luzern über den Brünig nach Interlaken Ost fährt, dort den Intercity nach Romanshorn besteigt und in Romanshorn schliesslich den Voralpenexpress zurück nach Luzern. Luzern ab 10:55 Uhr, Luzern an 19:20 Uhr. Die Anschlusszüge fahren immer gleich am Nebengleis.

Am Sonntag habe ich eine der letzten Gelegenheiten wahrgenommen, die Rundfahrt in dieser mühelosen Form zu absolvieren. Denn nach dem Fahrplanwechsel vom nächsten Sonntag verkehren keine direkten Züge mehr von Interlaken Ost nach Romanshorn. Mit einem unsicheren, weil viel knapperen Anschluss in Interlaken Ost und dem zusätzlichen Umsteigen in Bern wird diese Fahrt ab dem 9. Dezember nie mehr so einfach und angenehm sein wie jetzt.

Drei Spitzkehren (in Meiringen, Bern und Zürich HB) sowie der Gegensatz zwischen dem 20-km/h-Zahnradkriechgang über den Brünig und den 160 km/h auf der Neubaustrecke Mattstetten-Rothrist machen die Fahrt einigermassen abwechslungsreich. Jedenfalls hatte ich am Abend nicht das Gefühl, so lange im Zug gewesen zu sein, dass ich in derselben Zeit auch von Luzern nach Berlin hätte fahren können.

Ein bisschen iPod hören, ein bisschen aus dem Fenster knipsen, ein bisschen die anderen Fahrgäste belauschen - so vergeht die Zeit im Flug.

"Was machen wir falsch?", fragte eine Berner ETH-Studentin auf dem Weg nach Zürich ihre Kollegin. Beide haben offenbar im Moment keinen Freund. "Wenn man einmal etwas Schönes gehabt hat und dann nicht mehr", sagte die andere, "dann ist es schlimmer, als wenn man es gar nie gehabt hat."

"Wir werden am Bahnhof abgeholt, und zu Hause gibt es Znacht", sagte vor Rapperswil eine junge Mutter von zwei Kindern zu einem Bekannten. "Vollservice!" Darauf ihr siebenjähriger Sohn: "Und der Vollservice heisst Papi."

Sie sei kürzlich im Bourbaki-Panorama in Luzern gewesen, sagte eine Frau aus einer Seniorengruppe (im Bourbaki-Panorama wird eine Szene aus der Zeit des Deutsch-Französischen Kriegs von 1870/71 dargestellt). Was da zu sehen sei, sei schon lange her, sagte die Frau. "Im Ersten Weltkrieg war das."

Aber so interessant solche Momente im Zug auch sind: Langsam macht es mir keine Freude mehr, mit dem Generalabonnement einfach um des Bahnfahrens willen herumzufahren. Auch deshalb war das vielleicht die letzte Rundfahrt dieser Art. Eigentlich sollte ich ja ein konkretes Reiseziel haben (zum Beispiel ein Museum), oder ein Gschpänli, oder beides.

01 Alpnach Dorf

02 Interlaken Ost

03 Spiez

04 Bern

05 Zuerich Flughafen

06 Winterthur

07 Frauenfeld

08 Weinfelden

09 Romanshorn

10 Neukirch-Egnach

11 Pfaeffikon SZ

12 Kuessnacht am Rigi

13 Luzern


2007-10-23_Rechtsherum

... das konnte ja nicht gut gehen.

2007-10-23_Rechtsherum2


Kleinlastwagen

"Vollidiot" war eines der Worte, die heute Morgen fielen, als ein Chauffeur seinen Kleinlastwagen auf dem Fussgänger- und Radweg so abgestellt hatte, dass links und rechts kein Zentimeter mehr frei zum Durchkommen war. Ein netter Bauarbeiter einer benachbarten Baustelle schlug dann eine Bresche in die Hecke rechts im Bild und hielt sie mit einer Palette offen, sodass die Kinder auf dem Weg zur Schule sich mit ihren Bikes und Kickboards mit Mühe durch das stachelige Gesträuch zwängen konnten und doch noch rechtzeitig zum Unterricht kamen, und ihre Mütter zum Einkaufen und ich zur Arbeit.


2007-09-09 Blumen Muggli

Gesehen in Meggen.


2007-08-24_Museumsnacht_02

...in Luzern unterwegs sind und Bilder von nackten Frauen gezeigt bekommen, dann hat niemand etwas dagegen, denn dann ist Museumsnacht. Schnappschuss aus dem Kunstmuseum.


Neulich im Zug zwei Jus-Studierende, Mann und Frau, auf dem Rückweg von der Uni Luzern nach Thalwil. Sie sprechen über Gefängniszellen.

Er: "Manche Arrestzellen sind nur zwei mal zwei Meter gross, also zwei Quadratmeter."

Sie: "Sind das wirklich zwei Quadratmeter? (denkt eine Weile nach) - Doch, es stimmt, ein mal ein Meter ist ein Quadratmeter, also sind zwei mal zwei Meter zwei Quadratmeter!"

Wir können stolz sein auf unser Bildungssystem.


2007-01-03_adligenswil

2007-01-03_ebikon

2007-01-03_ebikon2

2007-01-03_rundgang

Ich muss nicht an weit entfernte Orte fahren, um ungewöhnliche und neue Erfahrungen zu machen. Ein Fussmarsch durch bisher unbekannte Vororte oder solche, die ich sonst auf einem ganz anderen Weg mit dem Zug durchquere, erfüllt denselben Zweck. Heute Nachmittag habe ich einen fast dreistündigen, etwa 18 Kilometer langen Spaziergang gemacht und kam zuerst durch einen Vorort, den ich nur vom Hörensagen kannte. Ich war überrascht, dass er, fast auf allen Seiten von Hügeln eingekesselt, wie ein trostloses, schattiges Bergdorf wirkte. Im nächsten Ort dann genau der gegenteilige Eindruck: Entlang der grosszügigen, schnurgeraden Hauptstrasse reiht sich dort fast kilometerlang eine Autohandlung an die andere, von Suzuki bis Cadillac, so dass ich mir vorkam wie in Amerika. Wieder zurück in meiner Stadt, wählte ich bewusst ganz unbekannte Strassen und Gassen für den Rückweg in meine Wohnung und war einmal mehr verblüfft: Das also war immer auch gemeint, wenn von der Stadt L. die Rede war, nur kannte ich es nicht.