
Arth-Goldau
Fahrt ins Blaue mit dem Generalabonnement an einem Samstag. Luzern ab 10:12 Uhr mit der S3. Einander fremde Einheimische kommen ins Gespräch über die allgegenwärtige Bauerei und die Millionen teuren Häuser und Wohnungen, die dadurch entstehen. Arth-Goldau an 10:41 Uhr. Ein Blick auf das Gedränge im einfahrenden Zug nach Locarno bringt mich davon ab, ins Tessin fahren.
Arth-Goldau ab 11:12 mit dem Interregio. Der tamilische Minibar-Mann verkauft drei Männern aus Ex-Jugoslawien Bier, plaudert ein bisschen mit ihnen und erhält ein fürstliches Trinkgeld. Zug an 11:27 Uhr.
Zug ab 11:35 Uhr mit der S21. Keine besonderen Vorkommnisse. Sihlbrugg an 11:43 Uhr. Mehr als eine halbe Stunde Wartezeit, deshalb ein kurzer Spaziergang in den nahen Wald.
Sihlbrugg
Sihlbrugg ab 12:21 Uhr mit der S4 durchs Sihltal. Zunächst keine Fahrgäste, erst unterwegs füllt sich der Zug langsam mit Leuten, die jetzt nach dem Mittagessen zum Shopping nach Zürich fahren. In Langnau-Gattikon steigt eine Gruppe von Niederländern ein. Was die wohl hierhin verschlagen hat? Vielleicht ein Verwandtenbesuch, denn zumindest einer scheint perfekt zweisprachig zu sein, spricht sowohl Holländisch wie Schweizerdeutsch. Zürich Hauptbahnhof an 12:51 Uhr. Aufenthalt, Beobachtung von anderen Passagieren.
Zürich Hauptbahnhof
Zürich Hauptbahnhof ab 13:30 Uhr mit dem ICN. Keine besonderen Vorkommnisse. Biel an 14:44 Uhr. Zu Fuss durch das jetzt ziemlich trostlos wirkende ehemalige Expo.02-Gelände an den See. Aufenthalt an der Schiffsstation. Ostschweizer Pfadfinder warten auf den Bus für die Rückreise aus ihrem Lager. Entschluss, nächste Woche in meinen Ferien für eine Schifffahrt wieder hierherzukommen.
Biel, Bahnhof
Biel, ehemaliges Expo.02-Gelände
Biel, am See
Biel, am See
Biel, am See
Biel ab 15:54 Uhr mit der direkten S3 nach Thun. Ab Biel heimkehrende Leiterinnen und Leiter einer Pfadfindergruppe. Ab Bern heimkehrende Shopper, in meinem Abteil zwei junge Frauen, die über die Kontaktlinsen reden, die die eine gerade gekauft hat. Halt an Orten, von denen ich noch nie gehört habe: Kaufdorf zum Beispiel (das liegt zwischen Toffen und Thurnen, falls das jemandem hilft). Thun an 17:24 Uhr.
Zwischen Bern und Thun
Thun ab 17:31 Uhr mit dem Doppelstock-Intercity. Im Nachbarabteil ein Walliser Wirtepaar, das die Speisekarte eines Konkurrenzrestaurants studiert und das Speise- und Getränkeangebot für einen bevorstehenden Anlass bespricht. Interlaken Ost an 18:03 Uhr.
Meiringen
Interlaken Ost ab 18:08 Uhr mit dem Interregio der Brünigbahn. Fahrt in die Dämmerung. Die befürchtete Invasion von Obwaldnern auf dem Weg in den Ausgang nach Luzern bleibt aus, der Zug angenehm leer. Luzern an 20:04 Uhr, es ist dunkel.
Zu Hause schlage ich das Buch "Im ganzen Land schön" auf und lese im Beitrag von Peter Weber über das Generalabonnement: "Latente Reiselust bei Gefahr unendlicher Zerstreuung im Kleinen: Morbus helveticus abonnementi generalis (...) Man weiss als Besitzer dieser Entgrenzungskarte im begrenzten Raum nie, wohin es einen treibt und verschlägt, man reist aufs Geratewohl. Freier Reisefluss, öffentliche Improvisation, jeder Aufbruch eine Reise ins Unvorhersehbare." (Peter Weber: Magical Mystery Tour. In: Im ganzen Land schön. Die Schweiz mit der Tageskarte. Zürich 2006, S. 128-136, Zitate S. 129f)
Also das Fett habe ich gesehen, aber heiss war da gar nichts.

"Ich muss dir noch erzählen, was am letzten Montag passiert ist", sagt die junge blonde Frau aus Ex-Jugoslawien, nachdem sie schon ein paar Minuten so laut am Handy mit einer Kollegin gesprochen hat, dass alle am Bahnhof M. es hören können. "Du kennst doch diesen Typen von neulich, den ich so herzig fand. Letzten Montag habe ich ihn wieder getroffen. Wir gingen zusammen in diesen Raum beim..." - sie wechselt für ein paar Sätze in ihre Muttersprache, dann fährt sie in Mundart fort:
"Ich so: 'Nein, das finde ich voll eklig, so etwas mache ich nicht!', er so: 'Woher willst du das wissen, wenn du es noch nie gemacht hast?', ich so: 'Nein, das will ich nicht'. Aber er hatte mich voll in der Zange, ich konnte mich überhaupt nicht bewegen." Sie zuckt gleichgültig mit den Schultern und fügt hinzu: "Also habe ich es dann gemacht."

Nach der ersten Nacht in der neuen Wohnung nun also gleich die Übernachtung in Brüssel. Das Hotelbett war grösser und vor allem weicher als mein neues 39-Franken-Bett von IKEA zu Hause.
In den Radionachrichten hörte ich, dass im Osten von Brüssel an diesem Tag nur wenige Busse verkehrten: Die Busfahrer streikten, weil einer von ihnen am Vorabend von einem Passagier angegriffen worden sei. Wahrscheinlich wollte sich der Passagier einfach den schlechten Service (siehe Teil 1) nicht gefallen lassen, dachte ich.
Nach dem Frühstück gingen wir zu Fuss in den "Parc du Cinquantenaire" (holländisch "Jubelpark"), wo sich zu beiden Seiten eines Triumphbogens zwei grosse Museen befinden; das "Musée Royal de l'Armée et d'Histoire Militaire" und die "Autoworld".
Die Museen haben sich in zwei separaten Hallen eingerichtet, die - ursprünglich miteinander verbunden - für die belgische Landesausstellung von 1880 errichtet wurden.
Im Musée de l'Armée ist in der grossen Halle fast jedes erdenkliche Flugzeug ausgestellt: vom frühen Gleiter über die Ju-52 bis zum Caravelle-Passagierjet...
... und zum F/A-18-Kampfflugzeug. Eine sehr eindrückliche Sammlung, die einem in dieser altertümlichen Halle vorkommt wie die Pflanzen in einem botanischen Garten.
Was der Pinguin in der Ecke sollte, war mir allerdings nicht klar. Ausserhalb der Luftfahrthalle, die als einzige auch über Mittag geöffnet ist, sind Tausende von weiteren Militaria zu sehen:
Von Helmen und Pickelhauben über Kanonen, Gewehre und die angeblich ältesten ausgestopften Pferde Europas bis zum Feldbett von König Leopold und der Jacht von König Baudouin.
Alles mit einer Grosszügigkeit, wie sie wohl nur in einer ehemaligen Kolonialmacht möglich ist.
Das Dach des Triumphbogens ist ebenfalls zugänglich. Von hier aus sieht man den Park und die Innenstadt.
Am Mittag gingen wir in die benachbarte Autoworld und assen im futuristischen Restaurant (hinten im Bild) zu Mittag, unsere letzte Mahlzeit in Brüssel. Ich gab den belgischen Pommes frites nochmals eine Chance, anders zu sein als unsere, aber sie nutzten sie nicht. Das also würde meine kulinarische Erkenntnis dieser Reise sein: Die Pommes frites sind genau wie bei uns.
Nach dem Essen besichtigten wir das Museum mit seinen etwa 300 ausgestellten Fahrzeugen. Die Exponate sind meist nur französisch und holländisch beschriftet, einige aber auch englisch und deutsch.
Die deutschen Texte sind meistens fehlerfrei, kaum einer ist so falsch wie derjenige zur Ente.
Natürlich darf in Belgien auch Tim nicht fehlen. Gar nicht vermisst hätte ich hingegen das hier, die Entsprechung zum Pinguin im Armeemuseum:
Eine Ecke mit Fecht-Memorabilien, die in einem Automuseum sehr deplatziert wirkt.
Nachher zu Fuss in Richtung Innenstadt bis zum Gebäude der Europäischen Kommission. Ich wollte das unbedingt mal sehen, aber wir schienen die Einzigen zu sein, die sich dafür interessierten.
Vor dem Gebäude liess sich gerade ein britischer Funktionär oder Politiker von einem TV-Team interviewen.
Danach mit der Metro zum Hauptbahnhof, wo ein riesiges Gedränge herrschte, wie ich es nicht jeden Tag ertragen würde. Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, dass das jeden Tag so ist. Wegen dem Busfahrerstreik müssen viele Pendler auf den Zug umgestiegen sein.
In den Zug zum Flughafen wollte dann aber kaum jemand einsteigen, sodass wir schon auf der Fahrt wieder Ruhe hatten.
Wahrscheinlich aus Rache dafür, dass die Swissair ihre Sabena in den Ruin getrieben hat, haben die Belgier den Check-in-Schalter der Swiss in die abgelegenste Ecke des Terminals verbannt.
Wieder blieb ich in der Gepäckkontrolle hängen: Der Kontrolleurin am Röntgengerät kam etwas verdächtig vor, sodass sie ihren Supervisor um Hilfe bat. Ich wusste sofort, was ihr Misstrauen erregt hatte, und packte die beiden Akkus zu meiner Sony-Digitalkamera aus. Dann durfte ich weiter.
Was ich in Zürich schon lange nicht mehr getan habe, machte ich jetzt in Brüssel durch ein Fenster des Terminals: Spotting nämlich. Als ich diese Boeing 747 sah, konnte ich nicht widerstehen und machte einen kleinen Umweg, um sie gut ins Bild zu kriegen. Das Foto wäre gut genug für Airliners.net, aber leider ist die Registrierung des Flugzeugs nicht sichtbar, und den arabischen Namen kann ich nicht lesen, also könnte ich keine Details zum Flugzeug angeben.
Den auf den Rückflug nach Zürich wartenden Airbus A319 der Swiss knipste ich dann beim Boarding fast ohne stehenzubleiben. Hinter mir hörte ich einen Passagier lachen und so etwas sagen wie: "Das Bild wird doch nichts." Kein Zweifel, dass wir wieder unter Schweizern sind, dachte ich verärgert.
Der Rückflug verlief ruhiger als der Hinflug. Im A319 war aber auch nicht wesentlich mehr Platz als im Avro Jumbolino.
An meinem Sitzplatz im Airbus konnte ich dann nochmals nachlesen, wo auf dem Hinflug im Jumbolino die Notausgänge gewesen wären.
Wieder gab es Käsesandwiches, die ich ja nicht mag, aber weil es seit den letzten Pommes frites schon eine Weile her war, nahm ich jetzt eines und ass das Brot. Den Käse entsorgte ich in der Kotztüte, wo er wohl auch gelandet wäre, wenn ich ihn gegessen hätte.
In nur 45 Minuten brachte uns das Flugzeug aus dem schönsten Sonnenschein ins verregnete Zürich.
Nach dem Aussteigen machte ich nochmals kurz ein Bild vom Flugzeug. Mein Vorgesetzter wunderte sich schon eine ganze Weile, warum ich die banalsten Sachen fotografierte, aber da wusste er ja auch noch nicht, was ein Blog ist, und er weiss bis heute nicht, dass ich einen führe.
Dann gingen wir zum Flughafenbahnhof hinunter und stiegen in einen Neigezug, der mir gut bekannt war. Wie schon auf dieser Reise war es einer, mit dessen Taufe ich zu tun gehabt hatte und in dem in jedem Wagen zweimal das Bild einer guten Freundin hängt, das ich gemacht habe. Vielleicht kommt B. ja mal mit nach Brüssel, und vielleicht finden wir dann gemeinsam die Pommes frites, die anders sind als bei uns.

Es ist schon ein paar Wochen her, dass ich geschäftlich in Brüssel war, aber ich kann aus verschiedenen Gründen erst jetzt davon berichten. In der Nacht zuvor hatte ich zum ersten Mal in der neuen Wohnung geschlafen, und das nicht schlecht: Ich fühlte mich gut ausgeruht, offenbar im Gegensatz zu anderen Passagieren, die in Zürich auf den Abflug warteten.

Beim Gang durch den Metalldetektor vergass ich meine Schlüssel in der Hosentasche, deshalb musste ich hinter den Vorhang und mich abtasten lassen. Aber ich war eben noch nicht geübt im Flugreisen, abgesehen von einem Helikopterrundflug in der Kindheit würde dies ja mein erster Flug überhaupt sein. Deshalb war ich auch einigermassen gespannt, als ich dann zusammen mit meinem Vorgesetzten in den Jumbolino der Swiss stieg.

Die Fliegerei bemühte sich nicht gerade, einen guten ersten Eindruck bei mir zu hinterlassen. Ich war negativ überrascht von den sehr engen Platzverhältnissen im Flugzeug, und kaum hatten wir die Reisehöhe erreicht, gab es so schwere Turbulenzen, dass wir uns für den ganzen Rest des Fluges wieder anschnallen mussten. Zu essen gab es ein Käsesandwich - oder hätte es gegeben, denn da ich keinen Käse mag, nahm ich keins.

Bei der Ankunft kam ich mir vor wie in einem Agentenfilm: Dunkel gekleidete Männer, einige ziemlich düster aussehend und mit einem grossen Namensschild in der Hand, warteten auf ankommende Reisende.
Man hatte uns empfohlen, mit dem Taxi zum Hotel zu fahren, aber mein Vorgesetzter entschied sich spontan für den Bus. Dass der Busbahnhof im Hinterhof des DHL-Lagerhauses am Flughafen zu liegen scheint und dass der wartende Bus uns eine offene und ziemlich schmuddelige Notklappe entgegen streckte, liess mich schon zweifeln, ob das ein guter Entscheid gewesen sei.

Tatsächlich wurden dann während der Fahrt die Stationen weder auf dem vorhandenen Laufschriftdisplay noch über Lautsprecher angekündigt. Wenn wir nicht einen Mitreisenden gefragt hätten, hätten wir keine Ahnung gehabt, wann unsere Haltestelle (Diamant) kommt. Ein ziemlich schlechter Service dafür, dass für die Flughafenstrecke ein "Spezialtarif" (das Doppelte des normalen Bustarifs) gilt.

Von der Bushaltestelle gingen wir zu Fuss ins Hotel, danach in ein benachbartes Restaurant zum Mittagessen. Ich hatte gehört, dass es in Belgien die besten Pommes frites der Welt gibt. Deshalb bestellte ich jetzt welche, aber sie waren genau wie bei uns. Na ja, vielleicht dann beim Abendessen, dachte ich.

Am Nachmittag hatten wir unseren geschäftlichen Termin, der sehr gut verlief. Abends fuhren wir mit der Metro ins Stadtzentrum und bummelten ein bisschen herum, z.B. über den so genannten Grossen Platz (sehr einfallsreich, der Name).

Gelegentlich regnete es ein bisschen, aber wir hatten Glück und waren dann immer gerade im Trockenen, z.B. in den Sankt-Hubertus-Galerien, einer sehr schönen überdachten Passage aus dem Jahr 1847.

In einem Restaurant assen wir zu Abend. Ich hatte wieder Pommes frites, und wieder waren sie wie bei uns. Na ja, vielleicht dann beim Mittagessen am anderen Tag, dachte ich.